Borchen schaltet die Justiz ein
Strafanzeige erstattet: »Bedrohung von Ratsmitgliedern«
Borchen(bel). Die Gemeinde Borchen hat
am Dienstag wegen der jüngsten Schadenersatzdrohungen von
Westfalenwind die Paderborner Staatsanwaltschaft eingeschaltet.
Westfalenwind hatte von Borchen die Rücknahme der Klagen gegen ihre
Windkraftanlagen bei Etteln gefordert. Am Montag hatte darauf hin die
CDU-Fraktion einen gleichlautenden Antrag für eine Sonderratssitzung
eingebracht.
Die Paderborner Staatsanwaltschaft bestätigte am Dienstag durch
Pressesprecher und Oberstaatsanwalt Marco Wibbe den Eingang der
Strafanzeige. Sie werde jetzt geprüft.In dem Schreiben fordert Bürgermeister Reiner Allerdissen die Staatsanwaltschaft auf, diesen gesamten Vorgang »hinsichtlich sämtlicher strafrechtlichen Aspekte und strafrechtlichen Relevanz zu prüfen«. Allerdissen nimmt in seinem Schreiben Bezug auf die Presseerklärung von Westfalenwind, die derzeit sieben Windkraftanlagen im Borchener Ortsteil Etteln errichtet. In der Presseerklärung (wir berichteten am Samstag) hatte Westfalenwind die Rücknahme der Klagen gegen die durch den Kreis Paderborn erteilten Genehmigungen gefordert. Andernfalls befürchtete das Unternehmen einen finanziellen Mindestverlust von neun Millionen Euro und wies darauf hin, das es ein Schadenersatzrisiko für Borchen und eventuelle einzelne Ratsmitglieder gebe.
In seinem Schreiben an die Staatsanwaltschaft wertet der Borchener Bürgermeister dies als »direkte Bedrohung der Ratsmitglieder mit Schadenersatzforderungen in Höhe von ca. neun Millionen Euro.« Gleichzeitig verweist Allerdissen auf den Passus der Erklärung, dass bei Rücknahme der Klage die Aussicht bestehe, eine Bürger- und Energiestiftung für Ehrenamt und Vereine einzurichten.
Noch am Wochenende hatte der Bürgermeister auf diese Drohung mit einer Erklärung reagiert, in der er darauf verwies, dass die Entscheidung zur Einlegung von Rechtsmitteln demokratisch gefasst worden sei. Solche Drohungen seien »in einem Rechtsstaat völlig inakzeptabel« (wir berichteten am Montag).
In seiner Begründung zur Einschaltung der Staatsanwaltschaft verweist Allerdissen auch auf die direkte politische Auswirkung am Montag.
Zur Ratssitzung stellte die CDU-Fraktion einen Antrag auf Einberufung einer Sonderratssitzung am Montag, 29. Mai, mit dem klaren Beschlussvorschlag: »Aufgrund der geringen Erfolgsaussichten und des zu erwartenden hohen Schadens für die Gemeinde Borchen und der Regressansprüche gegen die Ratsmitglieder von etwa neun Millionen Euro, die Klagen beim Verwaltungsgericht beziehungsweise beim Oberverwaltungsgericht zurückzuziehen.«
Im Zusammenhang mit diesen Entwicklungen fielen am Rande der Ratssitzung am Montag auch Stichworte wie »Erpressung« und »Korruption«.
Zur beantragten Sonderratssitzung führte Allerdissen gestern auf Anfrage aus, dass er diesem Antrag stattgeben müsse und deshalb auch die Sitzung anberaumen werde. Der CDU-Antrag auf Rücknahme der Klage bezieht sich auf die sieben Windkraftanlagen in Etteln und drei Anlagen in Dörenhagen.
Neben den Klagen der Gemeinde selbst sind aber auch drei Klagen von Bürgern aus Etteln mit dem Zeil eines Baustopps anhängig. Sie werden von der Bürgerinitiative unterstützt.
Derzeit sind nach Angaben des Kreises in Borchen zehn Anlagen genehmigt, 38 in Betreib und 25 weitere Anlagen in Planung. Gleichzeitig wird ein neuer Flächennutzungsplan zur Windenergienutzung erarbeitet, nachdem das Verwaltungsgericht Minden den bestehenden Plan gekippt hatte. Dagegen wiederum läuft eine Klage der Gemeinde Borchen vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster.