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Donnerstag, 24. Juli 2014

Und wir glaubten, Bürgermeinung hätte eine echte Chance . . . !




Mitgeteilt von Eberhard Krömeke u. Josef Gehlert

Wie geht es weiter mit den Windrädern in Lichtenau? Wie ist der aktuelle Stand? Bleibt es bei den bisher gemachten Zusagen? Wie viele Windräder werden denn jetzt gebaut? Sind die Abstände vergrößert worden?
Es ist nicht einfach, alle an die Bürgerinitiative und die uns persönlich gerichteten Fragen der besorgten Herbramer zu den geplanten Windgebieten zufrieden stellend zu beantworten. Da sich die Anfragen zurzeit sehr häufen, wollen wir auch an dieser Stelle interessierten Herbramer Mitbürgerinnen und Mitbürgern -aber auch allen anderen Lichtenauern- Informationen zu den teils vor Monaten schon getroffenen Vereinbarungen und den nun neuesten Entwicklungen geben.

Der Stand der Einigungen zwischen der Herbramer Bürgerinitiative und dem damaligen Bürgermeister bis zur Kommunalwahl am 25. Mai 2014:

Nach Bekanntwerden der 95. Änderung des Lichtenauer Flächennutzungsplanes engagierten sich im Herbst 2013 spontan Herbramer Mitbürgerinnen und Mitbürger für einen g r ö ß e r e n Abstand der Windenergieanlagen (kurz: WEA) zum Dorf. Ebenso fordern sie eine Reduzierung der insgesamt etwa 100 (und  mehr?) möglichen Standorte von WEA in Lichtenau. Einige waren so aktiv und gingen damals von Haus zu Haus, informieren die Mitbewohner des Dorfes und erbaten gleichzeitig Unterschriften gegen die beabsichtigte ortsnahe Bebauung mit Windenergieanlagen. Ab November 2013 fanden dann auch erste Gespräche zwischen der Herbramer Bürgerinitiative und dem damaligen Bürgermeister zum genannten Thema statt.

Eingebrachte zentrale Forderungen der Bürgerinitiative an den Bürgermeister:
-        Verkleinerung der geplanten Windvorrangzonen Hassel u. Asseln/Buchlieth
-        Mind. 2000 Meter Abstand zur Wohnbebauung
-        Reduzierung der zu erwartenden ca. 100 neuen WEA auf weniger als 50 Stück.

Bis zum Jahreswechsel 2013/14 hatten die Vertreter der Bürgerinitiative aus Herbram beim damaligen Bürgermeister ein Übereinkommen erstritten.
Die Vereinbarungen für die Windvorrangzonen um das Dorf Herbram im Einzelnen:

Die geplante Windvorrangzone Hassel im Westen des Dorfes liegt auf 360 m NN, darauf im ersten Planentwurf ca. 20 WEA, alle um oder über 200 Meter hoch und im Abstand von nur 1000 Meter zum Dorf.  
Ergebnis der Verhandlungen für den Bereich Hassel:
In Verhandlungen des Bürgermeisters mit den potentiellen Betreibern wurde Einigung erzielt. Das Windvorranggebiet Hassel soll verkleinert werden. Durch eine Rücknahme der Grenzlinie der Windvorrangzone und durch Herausnahmen von Flächen ergibt sich ein Abstand zwischen 1800-2000 Metern zu Herbram, dadurch reduziert sich auch die Zahl der WEA auf 14 Stück.

Südlich von Herbram liegt heute schon die Windfarm Asseln. Zurzeit in den äußeren Grenzen in 2400 Meter Entfernung zu Herbram. Nach dem ersten Planentwurf sollte die Windvorrangzone ausgeweitet werden bis an den Wald der Buchlieth, rückt also um etwa weitere 1300 Meter näher nach Herbram. Die WEA stehen dann in 1100 Meter zum Dorf.
Ergebnis der Verhandlungen für den Bereich Windfarm Asseln:
In den Verhandlungen sagte der damalige Bürgermeister zu, die Windvorrangzone Asseln nur gering auszuweiten. Auch hier soll die Grenzlinie auf ca. 1800-2000 Meter Abstand zur Wohnbebauung von Herbram gezogen werden.

Gegen die geplante Windvorrangzone im Norden Herbrams (den sogenannten „Wurmfortsatz“ von der Hassel zum Buchberg/Urenberg und weiter zum Emderwald), hatte die Bürgerinitiative keine Einwendungen. In einer mündlichen Rückfrage der Bürgerinitiative an die Herbramer, stimmte eine Mehrheit für die Zusage, da sie die sehr große Dauerbelastung an Lärm, Infraschall, Schlagschatten u.a. aus den Hauptwindrichtungen Westen – Süden – Osten (der Klimaatlas NRW belegt dies auch eindeutig!) mehr fürchteten, als die zu erwartenden Belastungen aus dem Norden.
Ergebnis der Verhandlungen für diesen nördlichen Bereich Urenberg/Emderwald:
In Bezug auf diese Windvorrangzone gab es nur den Einwand, dass max. 4 WEA gebaut werden dürfen. Dies sicherte der damalige Bürgermeister durch eine entsprechende Vertagsvereinbarung mit den Betreibern zu. Der Abstand eventueller WEA zum Dorf liegt dort zwischen 1300-1500 Meter.

Dieses errungene Ergebnis der vorgenannten Verhandlungen zwischen der Herbramer Bürgerinitiative und dem damaligen Bürgermeister wurde von diesem und von Vertretern der Bürgerinitiative in einer Bürgerversammlung in der Schützenhalle im Januar 2014 in Herbram vorgetragen und erläutert. Aus der Versammlung der etwa 250 Herbramer Mitbürgerinnen und Mitbürger kamen nur sehr vereinzelt Wortmeldungen. Daraus ließ sich ableiten, dass die Vereinbarungen zwischen der Bürgerinitiative und dem Bürgermeister die allgemeine Akzeptanz fanden. Die vorgenannten Vereinbarungen galten dann als verbindlich, so war es abgesprochen!

Nach der vorgenannten Bürgerversammlung in Herbram kam es zum Zusammenschluss der Herbramer Initiative mit ebenfalls betroffenen und aktiv gewordenen Bürgerinnen und Bürgern aus Lichtenau, Asseln und Grundsteinheim. Es fanden recht bald Gespräche zwischen dem Bürgermeister und der Lichtenauer Bürgergemeinschaft „ProLichtenau“ statt. Grundsätzlich forderte die Bürgergemeinschaft „ProLichtenau“, die schon vereinbarten Absprachen beizubehalten und den Ausbau mit Windenergieanlagen in Lichtenau nicht so hastig und vorauseilend anzugehen und bei allen Planungen die Bewohner der betroffenen Dörfer immer frühzeitig mit einzubeziehen. Auch soll zuerst das Repowering von Altanlagen erfolgen. Die Verdoppelung des geplanten Abstandes der Windenergieanlagen zur Wohnbebauung der Lichtenauer Dörfer gehört ebenso zu zentralen Forderungen. „ProLichtenau“ meint: Ein weiterer Ausbau mit max. 40 neuen WEA in der Gesamtstadt Lichtenau – zu den schon bestehenden 102 WEA – würde dem oft geforderten „substanziellen Raum“ genügend Platz geben. 

Die Bürgergemeinschaft „ProLichtenau“ unterstützte in den Monaten Januar bis Juni 2014 viele Aktionen und Veranstaltungen in Büren, Bad Wünnenberg, Weiberg, Hegensdorf, Grundsteinheim, Dahl, Neuenbeken, Lippspringe, Paderborn u.a. Ein reger Austausch mit anderen Bürgerinitiativen kam in Gang. Es folgte der Zusammenschluss der Initiativen auf Kreisebene. Kontakte zu verschiedenen Naturschutzverbänden wie z.B. der NABU wurden initiiert. Am Thema Windenergie arbeitende Wissenschaftler wurden zur Beratung hinzugezogen. Mehrere Tausend Unterschriften der Bürgerinnen und Bürger des Kreises Paderborn (dabei auch die Listen aus Herbram mit vielen Unterstützern aus Asseln u. Hakenberg; Grundsteinheim und Lichtenau) sind im Mai im Düsseldorfer Landtag an Minister Remmel übergeben worden.

Die Aktivitäten von „ProLichtenau“ wurden maßgeblich unterstützt durch über einhundert verschiedene private und persönliche Einwendungen aus den Dörfern Lichtenaus und durch die Unterschriften von ca. 500 Bewohnern aus Herbram, Asseln und Hakenberg, zugleich auch ca. 150 Unterschriften aus der Kernstadt Lichtenau und weiteren 100 aus Grundsteinheim. Auf Drängen der Bürgergemeinschaft „ProLichtenau“ ist durch den damaligen Bürgermeister eine Veränderungssperre auf den Entwurf des Flächennutzungsplans beantragt und stattgegeben worden. Dadurch vergrößerte sich der Zeitrahmen zur Prüfung aller Einwendungen und zur Überarbeitung des neuen Planes bis Januar 2015. Bis dahin kann die Stadtverwaltung Lichtenau in Ruhe (sofern sie nicht gedrängt wird!) neu planen und die Einwendungen der Lichtenauer Bürgerinnen und Bürger einarbeiten. Sollte dies in diesem Zeitraum noch nicht gelingen, so wäre eine weitere Veränderungssperre für ein weiteres Jahr möglich.

Nicht unerwähnt bleiben sollen die vielen privaten Anstrengungen einzelner Mitbürgerinnen und Mitbürger aus allen betroffenen Dörfern, die sich gegen den ausufernden Ausbau der WEA hier in Lichtenau wenden und die ebenfalls ein Umdenken der politischen Vertreter in Lichtenau einfordern.

Nach der Kommunalwahl fand Anfang Juli 2014 ein erstes Sondierungsgespräch von Vertretern der Bürgergemeinschaft „ProLichtenau“ mit dem Bürgermeister der Stadt Lichtenau statt. Dieser gab seine Zusage, die vielen privaten und persönlichen Einwendungen aus Lichtenau und seinen Dörfern und die schon getroffenen und vereinbarten Absprachen mit seinem Amtsvorgänger auf jeden Fall im neuen Entwurf der 95. Änderung des Flächennutzungsplanes zu berücksichtigen. Wir haben den Bürgermeister auch gebeten, den neuen Flächen-Nutzungs-Plan (kurz: FNP) vor der Offenlegung noch mal in einer Bürgerversammlung in Lichtenau vorzustellen.

* * *

Was ist nun zu erwarten:
Gerade erst erfuhren wir, dass schon in der nächsten Sitzung des Bauausschuss am 21. August der neu überarbeitete Flächennutzungsplan behandelt und durch den Ausschuss zur Offenlegung vorgeschlagen werden soll. Am 04. September wird die 95. Änderung des Flächennutzungsplanes durch den Rat der Stadt Lichtenau wohl genehmigt. Sollte dies erfolgen, haben wir in Lichtenau noch einmal die Möglichkeit der Einsichtnahme in den überarbeiteten Plan und die Gelegenheit, sofern erforderlich, Einwendungen gegen diesen Plan zu erheben.

Auch wurde uns in dieser Woche mitgeteilt, dass es Veränderungen im Lichtenauer FNP gibt. In der nördlichen Windvorrangzone von Herbram (Hassel-Urenberg-Emderwald) sollen aus „Naturschutzrechtlicher Sicht“ zwei der geplanten WEA-Standorte gestrichen werden. Die potentiellen Betreiber fordern dafür eine Ersatzfläche, die ihnen im Westen des Dorfes, im Bereich Hassel zugesagt wurde. Das bedeutet, dass die Grenzen dieser Windvorrangzone – entgegen der getroffenen Vereinbarung – wieder näher an Herbram heranrücken, damit die WEA vom Emderwald dort noch untergebracht werden können. Somit ist die mit dem damaligen Bürgermeister getroffene Vereinbarung schon hinfällig.

Was geschah sonst  noch:
Ein potentieller Betreiber hat gerade zwei neue Bauanträge für WEA beim Kreis Paderborn gestellt. Diese beiden Anlagen sind projektiert auf den Ackerflächen direkt hinter der Buchlieth (aus Richtung Herbram nach Lichtenau).
Diese Antragstellung lässt darauf schließen, dass der Antragsteller schon sicher sein kann, dass diese Flächen nun doch als neue Windvorrangzonen ausgewiesen werden. Dieses Vorgehen kann also bedeuten, dass auch hier die schon getroffenen Vereinbarungen (Rücknahme der Grenzen der Windvorrangzone) nun doch nicht eingehalten werden. Wir erinnern: Rücknahme der Grenzlinien der geplanten Windvorrangzone südlich von Herbram auf einen Abstand von mind. 1800 Meter zum Dorf.  Die Bauanträge der beiden Anlagen sind einzusehen bei der Stadt Lichtenau oder beim Kreis Paderborn vom 17.07.-18.08.2014

Ergänzend zu Herbram:
Herbram wird – sollten die Anlagen wieder näher ans Dorf heranrücken und den schon bestehenden noch weitere Bauanträge für WEA folgen (wovon auszugehen ist!) – künftig durch die WEA besonders belastet werden. Das liegt allein schon in der Tallage des Dorfes begründet und durch die Einrichtung von Windvorrangzonen im Westen, Süden und Norden des Dorfes. In jeder Himmelsrichtung steigt das Gelände auf eine mittlere Höhe von etwa 350 m NN an. Darauf werden dann die 200 Meter hohen WEA stehen – optisch werden die WEA also eine Höhe von etwa 400 Meter haben. Selbst einer der Betreiber von WEA mit jahrelanger Erfahrung in der Branche hat uns gegenüber unumwunden und offen zugegeben, dass der Ort einer besonderen Belastung ausgesetzt sei. Da der Wind im Jahresmittel aus Westen oder aus Süden weht, werden alle hinlänglich bekannten Beeinträchtigungen wie Lärm, Infraschall, Dauerblinken, Schlagschatten usw. gerade die Bewohner von Herbram beständig und fast dauerhaft belästigen – Tag und Nacht – entweder aus dem Westen oder aus Süden! Bei Südwestwind kann es wegen der Tallage und der Nähe des Dorfes zu den WEA und den Abrißkanten im Gelände Buchenwaldes zusätzlich zu „Schallbrechungen und sogenannten Schallbeugungen“ über dem Dorf kommen. Derartige Belastungen sind bei keiner anderen Windvorrangzone in Lichtenau für die Bewohner eines der Dörfer zu erwarten.

Es gilt fast als sicher – auch bei allem Zweckoptimismus in Personen und Absprachen – dass wir uns in Herbram und in den Nachbardörfern auch darauf einstellen müssen, dass schon bald die Kyrillflächen östlich des Dorfes, am Hang der Egge mit WEA bebaut werden. Nachdem Minister Remmel den Vertretern der Bürgerinitiativen des Südkreises Paderborn gegenüber eindeutig zugab, dass die Windenergiegewinnung für ihn persönlich im Wald überhaupt kein Problem sei, wird er in den NRW-Landesforsten sicher bald den ersten Schritt veranlassen, worauf dann auch die Kommunen folgen werden. Bauanträge der Stadt Lichtenau für WEA in den städtischen Windbruchflächen lagen ja schon 2011 einmal vor!

Fazit und Fakt:
Nun wird sie also doch umgesetzt, die 95. Änderung des Flächennutzungsplanes, die Planung, die schon im vergangenen Jahr vorgelegt wurde. Kleine Modifikationen sind zu finden – die gewünschten größeren Abstände und die Verringerung der Vielzahl der Windenergieanlagen bleibt tatsächlich Wunschtraum einer großen Zahl Lichtenauer Bürgerinnen und Bürger.
„Bürgerbeteiligung“ fand also wieder mal nur „pro forma“ statt. Ja, wir durften unsere Meinung sagen, wir durften Anregungen geben und Vorschläge machen. Am Ende, so scheint es, ist von all dem aber nichts geblieben.

Unser Appell an die in der kommunalen Politik verantwortlichen Lichtenauerinnen und Lichtenauer: Bitte überlegen und entscheiden Sie für eine gute Zukunft der Lichtenauer Dörfer und denken Sie nicht nur an die Sanierung der städtischen Finanzen. Die Entscheidung über einen maßlosen oder aber über einen maßvollen Ausbau mit Windenergieanlagen hier in Lichtenau kann nachhaltig sein – ganz besonders für die Menschen, die hier leben.

Übrigens: Die vielen Mitbürgerinnen und Mitbürger In Lichtenau haben sich eingesetzt für „Mehr Abstand der Windenergieanlagen zur Wohnbebauung“ und sind mitnichten, wie immer wieder gern von potentiellen Betreibern und leider auch von politischen Fraktionen in Lichtenau zitiert wird: „Windkraftgegner“.

Eberhard Krömeke, Josef Gehlert