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Montag, 24. Juli 2017

Lieber in Gaskraftwerke investieren

Dichte der Windkraftanlagen im besiedelten Gebiet ist schon jetzt Weltrekord

Zur Kritik des Geschäftsführers der Planungsgesellschaft Hassel, Willi Pauli, an der Paderborner Kreisverwaltung, sie würde die Energiewende nicht vorantreiben, schreibt dieser Leser:
Im Kreisgebiet stehen 540 Windkraftanlagen (WKA). Sieht man im Geoportal des Kreises Paderborn nach und zählt die Planungen, so wird auch die Zahl 600 WKA im Kreis sicher noch überschritten. Die Dichte der Windkraftanlagen im besiedelten Gebiet, besonders im Südkreis, ist wahrscheinlich schon jetzt Weltrekord.
Der Vorwurf des Herrn Pauli, dass der Kreis bei der genannten Dichte den Ausbau blockiere, spricht für sich. Der Kreis hat bisher, scheinbar aus Angst vor Klagen, sehr wohlwollend die Belange der Investoren berücksichtigt. Die Belange der Bürger wurden grundsätzlich als unbegründet zurückgewiesen. Dies gilt besonders für den Artenschutz und die besonderen Bedingungen in unserer Karstlandschaft und dem Schallschutz. Grundsteinheim ist jetzt schon zu 211 Grad von WKAs eingekesselt und ist bei starkem Wind, egal aus welcher Richtung, stark belastet und deshalb ist die Leistung einiger WKAs im Hassel nachts begrenzt. Herr Pauli möchte nun, dass diese Begrenzungen zum Schutz der Bürger aufgehoben werden. ( Siehe Amtsblatt Nr. 29/S3).
Das Ziel 100 Prozent erneuerbarer Energie ist meines Wissen nach nicht formuliert. Im Klimaschutzkonzept des Kreises vom November 2011 ist zu lesen: »Eine Stromversorgung des Kreisgebietes vollständig aus eigenen Energiequellen bis spätestens zum Jahr 2020« (bilanziell). Überproduktion an windstarken Tagen wird also mit Zukauf aus Kohle oder Atomkraft verrechnet.
Bei oft mehreren windschwachen oder gar windstillen Tagen deckt die Windkraft weniger als zwei Prozent des Gesamtbedarfs. An Tagen mit starkem Wind wird dann über 70 Prozent des Gesamtbedarfs an Strom durch WKAs gedeckt. Da Kohlekraftwerke nicht einfach abgeschaltet werden können, wird die nun überflüssige Strommenge für ein bis zwei Cent in das benachbarte Ausland verkauft. Für den Strom aus WKAs wird aber auch bezahlt, wenn die Räder bei Überproduktion abgeschaltet werden müssen. Dieses Verlustgeschäft kostet uns Bürger etwa 25 Milliarden Euro jährlich.
Wie von mir früher schon gefordert, können Herr Pauli und andere Investoren durch den Bau eines Gaskraftwerkes im Kreis Paderborn die Schwankungen in weiten Bereichen ausgleichen und auf Braunkohlekraftwerke könnte verzichtet werden. Auch dem Betrieb von Speicherbatterien steht nichts im Wege.
Dietmar Halbig
Lichtenau-Grundsteinheim

Samstag, 1. Juli 2017

Bürgerbegehren ist gescheitert!


Nach Gerichts-Beschluss: Bürgermeister hat alle Windkraftklagen zurückgezogen

Borchen(WV). Das Bürgerbegehren in Borchen mit 2412 Unterschriften ist Geschichte. Das Verwaltungsgericht Minden hatte am Donnerstag in einer Eilentscheidung eine aufschiebende Wirkung abgelehnt. Daraufhin hat Bürgermeister Reiner Allerdissen am Freitag alle Klagen der Gemeinde zurückgezogen und die für Dienstag geplante Ratssitzung abgesagt.
Das Verwaltungsgericht Minden hat eine aufschiebende Wirkung des Bürgerbegehrens insbesondere mit dem Verweis abgelehnt, dass für eine »Sperrfrist« noch die Zulässigkeitsfeststellung des Rates fehle, die erst in der Sitzung am kommenden Dienstag getroffen werden soll. Eine »einstweilige Anordnung« wäre nach Auffassung des Gerichts nur dann zu bejahen, wenn die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens »überwiegend wahrscheinlich« sei, führt das Gericht in seiner Begründung aus. Das Verfahren vor Gericht hatte die Initiative durch drei ihrer Mitglieder beantragt (wir berichteten). In der Sonderratssitzung am Dienstag hätte der Rat zunächst die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens und dann über die Fortführung der Klagen entscheiden sollen. Eine Ablehnung hätte einen Bürgerentscheid nach sich gezogen.

Borchens Bürgermeister Reiner Allerdissen zog am Freitag alle Konsequenzen: »Mir als Bürgermeister bleibt nur, dem Beschluss des VG Minden zu folgen. Da die Gemeinde Borchen durch die Entscheidung formell nicht beklagt ist, ist für sie der Weg der Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht Münster verschlossen. Aus diesem Grund habe ich heute die Klagen gegen die Genehmigungen des Kreises zurückgenommen und setze damit den in Rede stehenden Ratsbeschluss um«, so Allerdissen in einer Presseerklärung. Deshalb falle auch die Ratssitzung aus. Rechtlich sei ein weiteres Bürgerbegehren zu einer erneuten Klageerhebung ausgeschlossen.
Zur Urteilsbegründung bemerkt Allerdissen an, dass das Gericht eine andere Entscheidung als die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens nicht ausschloss. Dies sei insofern überraschend, als dass das Verwaltungsgericht noch am Mittwoch mitgeteilt habe, vorläufig nicht zu entscheiden, wenn die Gemeinde selbst bis Dienstag auch nichts weiter unternehmen, führte der Bürgermeister aus.
Allerdissen: »Ich bedauere sehr, dass das auch nach Ansicht des Gerichts außergewöhnliche Engagement der Borchener, welches sie durch mehr als 2412 Unterschriften gegen die Rücknahme der Klagen innerhalb von nur zwei Tagen dokumentiert haben, nicht für eine vorläufige einstweilige Anordnung bis zum kommenden Dienstag ausgereicht hat.« Diese Situation sei aber am Ende durch den Beschluss der Koalition aus CDU, Bündnisgrüne, FDP und FWB herbeigeführt worden.
In einer ersten Reaktion zeigte sich Bürgerbegehren-Vertreter Hans-Peter Voß aus Etteln enttäuscht: Der demokratische Prozess werde so ausgehebelt. Dies gelte auch für die Flächennutzungsplanung. Hier werde der demokratische Entscheidungsprozesse den Juristen überlassen und der Gemeinderat letztlich entmündigt. Seitens der Bürger habe man mit Unterschriftenaktionen und dem Bürgerbegehren alles versucht, alles sei abgeschmettert worden, so Voß.
Erfreut hingegen ist die Reaktion bei Windparkbetreiber Westfalenwind. »Nach dem Beschluss des Verwaltungsgerichtes Minden ist die Klagerücknahme nur folgerichtig«, erklärt Geschäftsführer Michael Obst in einer Erklärung. Wann die Arbeiten an den betreffenden Westfalenwind-Anlagen nach dem Baustopp wieder aufgenommen werden, sei noch unklar. »In der kommenden Woche werden wir mit dem Hersteller Enercon Gespräche führen, wann wir mit dem Projekt wieder in den Bauzeitenplan aufgenommen werden können«, so Obst.



»Mehr Demokratie«
Ein Bürgerbegehren habe sehr wohl eine aufschiebende Wirkung, reagiert die Initiative »Mehr Demokratie« auf die jüngsten Entwicklungen in Borchen zum Bürgerbegehren. Der als gemeinnützig anerkannte Bundesverband mit seinen mehr als 7000 Mitgliedern setzt sich für mehr direkte Demokratie ein und verweist in einer Pressemitteilung darauf, dass die NRW-Gemeindeordnung Bürgerbegehren durch eine aufschiebende Wirkung vor dem Unterlaufen durch Entscheidungen von Räten oder Bürgermeistern schütze. »Wenn ein Bürgerbegehren vom Rat für zulässig erklärt worden ist, gilt die aufschiebende Wirkung bis zum folgenden Bürgerentscheid. Nach bayrischer Rechtsprechung zur gleichen Regelung tritt dort die aufschiebende Wirkung von Bürgerbegehren de facto sogar schon mit dem Tag der Einreichung der Unterschriften in Kraft«, erklärt NRW-Landesgeschäftsführer Alexander Trennheuser. In diesem Punkt sei die bayrische Rechtsprechung weitergehender als die in NRW. In NRW gebe es bedauerlicherweise bislang keine OVG-Entscheidung zu diesem speziellen Punkt, sagt Pressesprecher Thorsten Sterk.