Westfälisches Volksblatt: Ausgabe v. 01.11.2016
Kritisch mit dem Verwaltungsgerichts-Urteil zur Windenergie setzt sich dieser Leser auseinander.
Vor etwa 20 Jahren wurde von der Gemeinde Borchen der
Flächennutzungsplan »Wind« erstellt und im guten Glauben für die
Menschen in Etteln mit einer Höhenbegrenzung von 100 Metern erwirkt. Der
Plan wurde vom damaligen Rat mit großer Mehrheit getragen und weder von
der Bezirksregierung, noch vom Kreis beanstandet. Nachdem das
Verwaltungsgericht in Minden den Flächennutzungsplan »Wind« nunmehr
aufgehoben und somit den Weg für Riesenwindräder auch in Borchen geebnet
hat, besteht innerhalb verschiedener Gruppierungen und Parteien
Uneinigkeit über das weitere Vorgehen. Der Dialog ist geprägt von
gegenseitigen Schuldzuweisungen und einer unsachlichen Argumentation.
Dieses freut nicht zuletzt die Investoren der Windanlagen.
Meines Erachtens haben weder der jetzige Bürgermeister, noch der
Gemeinderat das Dilemma zu verantworten. Sämtliche Schuldzuweisungen
sind hier folglich unangebracht und nicht zielführend!
Die vom Gemeinderat im Sinne der Bürger getroffenen Beschlüsse zu dem
Thema finden bei den übergeordneten politischen Instanzen und
Gerichten keinerlei Beachtung mehr. Das Kommunalgesetz besagt, der
Gemeinde obliegt die Planungshoheit. Die aktuelle Situation zeigt, dass
diese Aussage kritisch hinterfragt werden darf und in der Realität
scheinbar nicht gelebt wird. Denn wenn nun im Rat von diversen Parteien
gefordert wird eine neue Planung anzugehen, um den verschiedenen
Interessen gerecht zu werden, frage ich: Hat der jetzige Rat sich nicht
bereits mit großer Mehrheit gegen die Riesenwindräder ausgesprochen?
Haben sich nicht auch mehr als 700 Mitbürger aus Etteln mit ihrer
Unterschrift dagegen ausgesprochen?
Was macht das Gerangel mit den Bürgern in einem Ortsteil wie Etteln?
Etteln ist ein Ort mit einer intakten Infrastruktur und einer
umfassenden Grundversorgung wie beispielsweise einer Grundschule, einem
Kindergarten, einem Arzt, einer Bank und vielen
Einzelhandelsunternehmen. Dieses ist für kleinere Ortsteile keine
Selbstverständlichkeit, sondern dem großen Engagement der Bevölkerung zu
verdanken und stellt somit den Verdienst einer intakten
Dorfgemeinschaft dar. Dieses Engagement und letztlich auch der
Bürgerwille wurden nun von dem Verwaltungsgericht in Minden im Sinne des
Gesetzgebers mit einem einzigen Federstrich in Frage gestellt.
Der Gesetzgeber hätte aus meiner Sicht bei der Windenergie
Leitplanken und Regeln einziehen müssen, so dass im Kreis Paderborn kein
Wildwuchs von Windrädern hätte entstehen können. Die Errichtung der
Windräder während der vergangenen Jahre ohne durchdachte Regularien
brachte große Beeinträchtigungen für Mensch und Tier mit sich.
Etteln ist landschaftlich ein schöner Ort, mit sieben Seitentälern,
Streuobstwiesen und ökologisch wertvollen Landschaften. Um den Ort
wachsen zu lassen, haben wir hier jahrelang versucht Bauland zu
erschließen. Das wurde dann mit Vertretern der Bezirksregierung vor Ort
erörtert. Die Aussage der Bezirksregierung vor der Energiewende war,
dass in dieser ökologisch wertvollen Landschaft mit schutzwürdigen
Lebewesen keine Genehmigung zum Erschließen weiteren Baulandes erteilt
werden darf. Ein paar Jahre später – bezogen auf die Errichtung von
Windriesen auf denselben Ländereien – findet diese Argumentation nun
keine Anwendung mehr. Es dürfen Windanlagen erbaut werden, mit bis zu
220 Meter Narbenhöhe und roter Beleuchtung während der Nacht. Dieser
Entscheidungsprozess ist weder für mich, noch für meine Mitbürger
nachvollziehbar und wirkt willkürlich.
Das Wählerspektrum blickt grundsätzlich skeptischer auf das
politische System. Die meisten Bewohner sehen sich als große Verlierer
und sagen: »Unser Wille, unsere Meinung und der Beschluss des Rates in
Borchen ist überhaupt nicht gefragt.« Dies führt nicht zuletzt zur
großer Frustration und einer emotional aufgeladenen Stimmung im Ort. Die
jahrelang gepflegte, gute Dorfgemeinschaft ist dahin. Die Bürger haben
immer weniger Vertrauen in ihre Politiker und das ist für unsere
Demokratie sehr gefährlich.
FRIEDHELM RUSTEMEIER
Etteln
Besten Dank für den Leserbrief, sie bringen es auf den Punkt. Die ganze Sache stinkt zum Himmel, unsere Demokratie wird von den Investoren mit Füßen getreten und das schlimme, die Verwaltung auf Ebenen Bezirksregierung, Kreis und z. g. Teil der Kommunen steht unter deren Pantoffeln, weil die FNP vielfach von den Investoren finanziell getragen wurde.
AntwortenLöschenAn erster Stelle darf hier Hr. Lackmann den berühmten Griff an die eigene Nase machen, er war jahrelang der Präsident des Bundesverbandes Erneuerbare Energien (BEE) und hat bewusst keine Leitplanken und Regeln gefordert bzw. eingezogen, sein Motiv war und ist die reine Selbstbereicherung. Manchmal erinnert mich seine Heilslehre an die Zeit der Wiedertäufer in Münster.
Als Dipl.- Ing. hat er schon sehr lange verstanden, dass die Energiewende so nicht funktionieren kann, da Speicher, Netze und konventionelle Kraftwerke ausgeklammert wurden aus der energiewirtschaftlichen Gesamtbetrachtung. Das durfte Ihm als Fachmann nicht passieren, er hat m. E. sämtliches Vertrauen verspielt.
Es ist Euch Ettelner zu wünschen, dass die Grundstückseigentümer, Dorfgemeinschaft und Demokratie höher bewerten als die Standortpachten. Ohnehin wird diese im nächsten Jahr aufgrund des Ausschreibungsverfahrens stark rückläufig sein.
Die nach dem zweiten Weltkrieg entstandenen Altparteien sollten die Bezeichnung "Demokratisch" umgehend aus deren Kontext streichen und durch "Kapitalistisch" ersetzen. Damit würden auch die dümmsten Wähler etwas mehr bei der Stimmabgabe nachdenken.
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