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Mittwoch, 2. November 2016

Nicht nur in Lichtenau, Dorfgemeinschaft vor der Zerreißprobe!


Westfälisches Volksblatt: Ausgabe v. 01.11.2016

Kritisch mit dem Verwaltungsgerichts-Urteil zur Windenergie setzt sich dieser Leser auseinander.

Vor etwa 20 Jahren wurde von der Gemeinde Borchen der Flächennutzungsplan »Wind« erstellt und im guten Glauben für die Menschen in Etteln mit einer Höhenbegrenzung von 100 Metern erwirkt. Der Plan wurde vom damaligen Rat mit großer Mehrheit getragen und weder von der Bezirksregierung, noch vom Kreis beanstandet. Nachdem das Verwaltungsgericht in Minden den Flächennutzungsplan »Wind« nunmehr aufgehoben und somit den Weg für Riesenwindräder auch in Borchen geebnet hat, besteht innerhalb verschiedener Gruppierungen und Parteien Uneinigkeit über das weitere Vorgehen. Der Dialog ist geprägt von gegenseitigen Schuldzuweisungen und einer unsachlichen Argumentation. Dieses freut nicht zuletzt die Investoren der Windanlagen.
Meines Erachtens haben weder der jetzige Bürgermeister, noch der Gemeinderat das Dilemma zu verantworten. Sämtliche Schuldzuweisungen sind hier folglich unangebracht und nicht zielführend!
Die vom Gemeinderat im Sinne der Bürger getroffenen Beschlüsse zu dem Thema finden bei den übergeordneten politischen Instanzen und Gerichten keinerlei Beachtung mehr. Das Kommunalgesetz besagt, der Gemeinde obliegt die Planungshoheit. Die aktuelle Situation zeigt, dass diese Aussage kritisch hinterfragt werden darf und in der Realität scheinbar nicht gelebt wird. Denn wenn nun im Rat von diversen Parteien gefordert wird eine neue Planung anzugehen, um den verschiedenen Interessen gerecht zu werden, frage ich: Hat der jetzige Rat sich nicht bereits mit großer Mehrheit gegen die Riesenwindräder ausgesprochen? Haben sich nicht auch mehr als 700 Mitbürger aus Etteln mit ihrer Unterschrift dagegen ausgesprochen?
Was macht das Gerangel mit den Bürgern in einem Ortsteil wie Etteln? Etteln ist ein Ort mit einer intakten Infrastruktur und einer umfassenden Grundversorgung wie beispielsweise einer Grundschule, einem Kindergarten, einem Arzt, einer Bank und vielen Einzelhandelsunternehmen. Dieses ist für kleinere Ortsteile keine Selbstverständlichkeit, sondern dem großen Engagement der Bevölkerung zu verdanken und stellt somit den Verdienst einer intakten Dorfgemeinschaft dar. Dieses Engagement und letztlich auch der Bürgerwille wurden nun von dem Verwaltungsgericht in Minden im Sinne des Gesetzgebers mit einem einzigen Federstrich in Frage gestellt.
Der Gesetzgeber hätte aus meiner Sicht bei der Windenergie Leitplanken und Regeln einziehen müssen, so dass im Kreis Paderborn kein Wildwuchs von Windrädern hätte entstehen können. Die Errichtung der Windräder während der vergangenen Jahre ohne durchdachte Regularien brachte große Beeinträchtigungen für Mensch und Tier mit sich.
Etteln ist landschaftlich ein schöner Ort, mit sieben Seitentälern, Streuobstwiesen und ökologisch wertvollen Landschaften. Um den Ort wachsen zu lassen, haben wir hier jahrelang versucht Bauland zu erschließen. Das wurde dann mit Vertretern der Bezirksregierung vor Ort erörtert. Die Aussage der Bezirksregierung vor der Energiewende war, dass in dieser ökologisch wertvollen Landschaft mit schutzwürdigen Lebewesen keine Genehmigung zum Erschließen weiteren Baulandes erteilt werden darf. Ein paar Jahre später – bezogen auf die Errichtung von Windriesen auf denselben Ländereien – findet diese Argumentation nun keine Anwendung mehr. Es dürfen Windanlagen erbaut werden, mit bis zu 220 Meter Narbenhöhe und roter Beleuchtung während der Nacht. Dieser Entscheidungsprozess ist weder für mich, noch für meine Mitbürger nachvollziehbar und wirkt willkürlich.
Das Wählerspektrum blickt grundsätzlich skeptischer auf das politische System. Die meisten Bewohner sehen sich als große Verlierer und sagen: »Unser Wille, unsere Meinung und der Beschluss des Rates in Borchen ist überhaupt nicht gefragt.« Dies führt nicht zuletzt zur großer Frustration und einer emotional aufgeladenen Stimmung im Ort. Die jahrelang gepflegte, gute Dorfgemeinschaft ist dahin. Die Bürger haben immer weniger Vertrauen in ihre Politiker und das ist für unsere Demokratie sehr gefährlich.
FRIEDHELM RUSTEMEIER
Etteln

2 Kommentare:

  1. Besten Dank für den Leserbrief, sie bringen es auf den Punkt. Die ganze Sache stinkt zum Himmel, unsere Demokratie wird von den Investoren mit Füßen getreten und das schlimme, die Verwaltung auf Ebenen Bezirksregierung, Kreis und z. g. Teil der Kommunen steht unter deren Pantoffeln, weil die FNP vielfach von den Investoren finanziell getragen wurde.

    An erster Stelle darf hier Hr. Lackmann den berühmten Griff an die eigene Nase machen, er war jahrelang der Präsident des Bundesverbandes Erneuerbare Energien (BEE) und hat bewusst keine Leitplanken und Regeln gefordert bzw. eingezogen, sein Motiv war und ist die reine Selbstbereicherung. Manchmal erinnert mich seine Heilslehre an die Zeit der Wiedertäufer in Münster.

    Als Dipl.- Ing. hat er schon sehr lange verstanden, dass die Energiewende so nicht funktionieren kann, da Speicher, Netze und konventionelle Kraftwerke ausgeklammert wurden aus der energiewirtschaftlichen Gesamtbetrachtung. Das durfte Ihm als Fachmann nicht passieren, er hat m. E. sämtliches Vertrauen verspielt.

    Es ist Euch Ettelner zu wünschen, dass die Grundstückseigentümer, Dorfgemeinschaft und Demokratie höher bewerten als die Standortpachten. Ohnehin wird diese im nächsten Jahr aufgrund des Ausschreibungsverfahrens stark rückläufig sein.



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  2. Die nach dem zweiten Weltkrieg entstandenen Altparteien sollten die Bezeichnung "Demokratisch" umgehend aus deren Kontext streichen und durch "Kapitalistisch" ersetzen. Damit würden auch die dümmsten Wähler etwas mehr bei der Stimmabgabe nachdenken.

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