Nach Gerichts-Beschluss: Bürgermeister hat alle Windkraftklagen zurückgezogen
Borchen(WV). Das Bürgerbegehren in
Borchen mit 2412 Unterschriften ist Geschichte. Das Verwaltungsgericht
Minden hatte am Donnerstag in einer Eilentscheidung eine aufschiebende
Wirkung abgelehnt. Daraufhin hat Bürgermeister Reiner Allerdissen am
Freitag alle Klagen der Gemeinde zurückgezogen und die für Dienstag
geplante Ratssitzung abgesagt.
Das Verwaltungsgericht Minden hat eine aufschiebende Wirkung des
Bürgerbegehrens insbesondere mit dem Verweis abgelehnt, dass für eine
»Sperrfrist« noch die Zulässigkeitsfeststellung des Rates fehle, die
erst in der Sitzung am kommenden Dienstag getroffen werden soll. Eine
»einstweilige Anordnung« wäre nach Auffassung des Gerichts nur dann zu
bejahen, wenn die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens »überwiegend
wahrscheinlich« sei, führt das Gericht in seiner Begründung aus. Das
Verfahren vor Gericht hatte die Initiative durch drei ihrer Mitglieder
beantragt (wir berichteten). In der Sonderratssitzung am Dienstag hätte
der Rat zunächst die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens und dann über die
Fortführung der Klagen entscheiden sollen. Eine Ablehnung hätte einen
Bürgerentscheid nach sich gezogen.Borchens Bürgermeister Reiner Allerdissen zog am Freitag alle Konsequenzen: »Mir als Bürgermeister bleibt nur, dem Beschluss des VG Minden zu folgen. Da die Gemeinde Borchen durch die Entscheidung formell nicht beklagt ist, ist für sie der Weg der Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht Münster verschlossen. Aus diesem Grund habe ich heute die Klagen gegen die Genehmigungen des Kreises zurückgenommen und setze damit den in Rede stehenden Ratsbeschluss um«, so Allerdissen in einer Presseerklärung. Deshalb falle auch die Ratssitzung aus. Rechtlich sei ein weiteres Bürgerbegehren zu einer erneuten Klageerhebung ausgeschlossen.
Zur Urteilsbegründung bemerkt Allerdissen an, dass das Gericht eine andere Entscheidung als die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens nicht ausschloss. Dies sei insofern überraschend, als dass das Verwaltungsgericht noch am Mittwoch mitgeteilt habe, vorläufig nicht zu entscheiden, wenn die Gemeinde selbst bis Dienstag auch nichts weiter unternehmen, führte der Bürgermeister aus.
Allerdissen: »Ich bedauere sehr, dass das auch nach Ansicht des Gerichts außergewöhnliche Engagement der Borchener, welches sie durch mehr als 2412 Unterschriften gegen die Rücknahme der Klagen innerhalb von nur zwei Tagen dokumentiert haben, nicht für eine vorläufige einstweilige Anordnung bis zum kommenden Dienstag ausgereicht hat.« Diese Situation sei aber am Ende durch den Beschluss der Koalition aus CDU, Bündnisgrüne, FDP und FWB herbeigeführt worden.
In einer ersten Reaktion zeigte sich Bürgerbegehren-Vertreter Hans-Peter Voß aus Etteln enttäuscht: Der demokratische Prozess werde so ausgehebelt. Dies gelte auch für die Flächennutzungsplanung. Hier werde der demokratische Entscheidungsprozesse den Juristen überlassen und der Gemeinderat letztlich entmündigt. Seitens der Bürger habe man mit Unterschriftenaktionen und dem Bürgerbegehren alles versucht, alles sei abgeschmettert worden, so Voß.
Erfreut hingegen ist die Reaktion bei Windparkbetreiber Westfalenwind. »Nach dem Beschluss des Verwaltungsgerichtes Minden ist die Klagerücknahme nur folgerichtig«, erklärt Geschäftsführer Michael Obst in einer Erklärung. Wann die Arbeiten an den betreffenden Westfalenwind-Anlagen nach dem Baustopp wieder aufgenommen werden, sei noch unklar. »In der kommenden Woche werden wir mit dem Hersteller Enercon Gespräche führen, wann wir mit dem Projekt wieder in den Bauzeitenplan aufgenommen werden können«, so Obst.
»Mehr Demokratie«
Ein Bürgerbegehren habe sehr wohl eine aufschiebende
Wirkung, reagiert die Initiative »Mehr Demokratie« auf die
jüngsten Entwicklungen in Borchen zum Bürgerbegehren. Der als gemeinnützig
anerkannte Bundesverband mit seinen mehr als 7000 Mitgliedern setzt sich für
mehr direkte Demokratie ein und verweist in einer Pressemitteilung darauf, dass
die NRW-Gemeindeordnung Bürgerbegehren durch eine aufschiebende Wirkung vor dem
Unterlaufen durch Entscheidungen von Räten oder Bürgermeistern schütze. »Wenn
ein Bürgerbegehren vom Rat für zulässig erklärt worden ist, gilt die
aufschiebende Wirkung bis zum folgenden Bürgerentscheid. Nach bayrischer
Rechtsprechung zur gleichen Regelung tritt dort die aufschiebende Wirkung von
Bürgerbegehren de facto sogar schon mit dem Tag der Einreichung der
Unterschriften in Kraft«, erklärt NRW-Landesgeschäftsführer Alexander
Trennheuser. In diesem Punkt sei die bayrische Rechtsprechung weitergehender
als die in NRW. In NRW gebe es bedauerlicherweise bislang keine
OVG-Entscheidung zu diesem speziellen Punkt, sagt Pressesprecher Thorsten
Sterk.
Somit wird Lichtenau in absehbarer Zeit den Titel der "Windenergiehauptstadt" an Borchen abgeben müssen. Herzlichen Glückwunsch und ein Hoch auf die sogenannte Demokratie.
AntwortenLöschenAber was könnte man dagegen unternehmen?
LöschenGanz einfach:
Unsere Ratsmitglieder samt Bürgermeister winken noch mehrere Windmühlen duch. Platz ist ja noch vom "Bürgermeisterfenster" bis hin zum Fernsehturm reichlich vorhanden!
Also packen wir es an!!!
Auch im Münsterland gibt es Proteste gegen den viel zu geringen Abstand der Windräder zu den Häusern von Bewohnern in Dörfern ud Siedlungen. Gestern Abend ein sehenswerter Bericht in der "Lokalzeit Münsterland"! Vertreter der neuen Landespolitik von CDU und FDP beziehen Stellung. Hier mal anklicken und sich informieren:
AntwortenLöschenhttp://www1.wdr.de/mediathek/video/sendungen/lokalzeit-muensterland/video-aus-fuer-windkraft-im-muensterland--100.html