Wirtschaft
"Etikettenschwindel beim Strom-Mix"
Lichtblick: Ökostromanbieter sieht bei Versorgern deutliche Abweichungen.
Und kritisiert: Verbraucher werden durch gesetzliche Regelung in die Irre geführt
Berlin
(AFP). Die Angaben von Energieversorgern zu ihrem Strommix führen nach
Angaben des Anbieters Lichtblick viele Verbraucher in die Irre. So
kaufen zahlreiche der 35 geprüften Versorger deutlich mehr Kohle- und
Atomstrom ein, als sie in ihrem Strommix angeben, teilte Lichtblick in
Hamburg mit. Grund seien gesetzliche Kennzeichnungsvorschriften, gegen
die es in der Branche allerdings "keinen großen Protest" gebe, weil sie
viele Versorger "grüner aussehen" lassen als sie sind, sagte ein
Lichtblick-Sprecher.
Der
Öko-Versorger nahm die Angaben von 35 Stromanbietern unter die Lupe,
die für das Jahr 2015 bis zum 1. November veröffentlicht werden mussten.
Darunter sind große Konzerne wie Eon, Vattenfall und EnBW, aber auch
zahlreiche kleinere Stadtwerke - und Lichtblick selbst. Das Unternehmen
errechnete, wie der Stromeinkauf des jeweiligen Anbieters tatsächlich
aussah. Das Ergebnis: Bei drei Anbietern ist der Anteil von
konventionellem Strom aus Atom, fossiler Energie wie Kohle und Erdgas 42
Prozent höher als im angegebenen Strommix. Bei 21 Versorgern war der
Anteil im Stromeinkauf mindestens 30 Prozent höher.
Hintergrund
für die Abweichungen ist laut Lichtblick die gesetzliche Vorgabe für
Versorger, einen Pflichtanteil an Strom aus Erneuerbaren Energien
ausweisen zu müssen. So müsste letztlich auch ein fiktiver Anbieter, der
zu 100 Prozent Kohlestrom produziert und nur Haushalte und Kleingewerbe
beliefert, einen Anteil an EEG-Strom von 45,5 Prozent ausweisen,
erläuterte Lichtblick-Sprecher Ralph Kampwirth. Verbraucher würden dies
aber nicht richtig verstehen und annehmen, die Aufteilung entspräche dem
für sie eingekauften Strommix.
"Die
Versorger können nichts dafür, weil es der Gesetzgeber so vorschreibt",
kritisiert Kampwirth. Mit der Stromkennzeichnung habe die Europäische
Union für mehr Transparenz sorgen wollen, was für Strom für den Kunden
eingekauft werde. Die Bundesregierung möchte ihrerseits, dass der Kunde
sehe, dass er die Energiewende fördere. Beide Ansätze seien richtig,
aber die gesetzliche Regelung hierzulande führe dazu, "dass man den
Versorger grünwäscht".
Der
Öko-Versorger Lichtblick forderte eine "rasche Reform der
Kennzeichnung", damit der "Etikettenschwindel" ein Ende finde. "Auch für
Stromprodukte muss gelten: Es darf nur das draufstehen, was auch drin
ist", erklärte Lichtblick-Geschäftsführer Gero Lücking. "Nur so können
Verbraucher Tarife und Anbieter klar unterscheiden."
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© 2016 Neue Westfälische 15 - Paderborn (Kreis), Dienstag 22. November 2016 | |
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