Veröffentlicht in der Neuen Westfälischen am 03.08.2016
Verwaltungsgericht stoppt Windpark
Im Eilverfahren: NABU setzt sich gegen millionenschweres Investitionsvorhaben an der Kreisgrenze in Meerhof durch. 19 Jahre alter Flächennutzungsplan gibt der Windkraft bereits genügend Raum
Von Ralph Meyer
Kreis Paderborn/Bad Wünnenberg. Der Bau von elf Windkrafträdern des Windparks
"Himmelreich" in Meerhof an der Grenze zum Kreis Paderborn ist
vorerst gestoppt. Das Verwaltungsgericht Arnsberg hat dem Eilantrag des
Naturschutzbundes (NABU) NRW auf Rechtsschutz stattgegeben. Der
Hochsauerlandkreis als Genehmigungsbehörde hat nun zwei Wochen Zeit, Beschwerde
einzulegen. Gleiches gilt für den Projektierer, die Windpark Himmelreich
GmbH und Co. KG.
Drei der elf geplanten Türme stehen bereits. Ohne Baustopp sollten die ersten drei Räder des neuen Windparks in drei Wochen laufen. Bis Ende des Jahres in sollten alle elf Anlagen mit einem Gesamtinvest von rund 55 Millionen Euro am Netz sein. Himmelreich-Geschäftsführer Michael Flocke, zugleich Geschäftsführer bei Westfalenwind, spricht bereits von "massiven Schäden".
Gegen Genehmigung der Räder bereits im März geklagt
Die Stadt Marsberg beschloss am 20. November mit 7 zu 6 Stimmen die Erweiterung des Windparks Meerhof um den Bereich Himmelreich. Der Mescheder Kreistag überstimmte in einer Sondersitzung kurz vor Weihnachten die Einwände des Landschaftsbeirates. Einen Tag später erfolgte die vorläufige Baugenehmigung, im Februar dann die endgültige, gegen die der NABU Klage eingereicht hatte. Erst am 15. Juni legte die Stadt Marsberg den geänderten Flächennutzungsplan bei der Bezirksregierung zur Prüfung vor. "Waren sie sich der eigenen Sache nicht mehr sicher?", mutmaßen inzwischen kritische Beobachter.
Bereits im März hatte der NABU gegen die Genehmigung der Räder durch den Hochsauerlandkreis geklagt - wegen des gültigen alten Flächennutzungsplanes, der die neuen Vorrangzonen nicht vorsieht, und weil eine Genehmigung aus arten- und landschaftsschutzrechtlichen Gründen nicht zulässig sei, so NRW-Vorsitzender Josef Tumbrinck. Im Fokus stehen der Rotmilan und der Mornellregenpfeifer.
"Hier wird Artenschutz missbraucht, um Eigeninteressen durchzusetzen", ereifert sich Investor Flocke und kündigt bereits Beschwerde gegen den Richterspruch an. Den Vorwurf der Eigeninteressen weist Turmbrinck als unbegründet zurück: "Wir klagen als Landesverband und erhoffen uns einen Präzedenzfall für das ganze Land."
Für Til Nicolas Kappen, Pressesprecher des Verwaltungsgerichtes Arnsberg, hat das Gericht im Eilverfahren eine "vorweggenommene Regelung" getroffen, weil es die Erfolgsaussichten der Klage summarisch geprüft habe. Daraus sei eine Tendenz für das Hauptverfahren abzuleiten.
Das Verwaltungsgericht nimmt sich als erstes Gericht die Umsetzung von EU-Recht zur erweiterten Klagemöglichkeit der Umweltverbände in Fragen des Baugesetzbuchs vor. Danach können die Verbände Fragen zu Änderungsbeschlüssen eines Flächennutzungsplans juristisch prüfen lassen können, erklärt Hubertus Nolte, Geschäftsführer der Pro-Forst-Gesellschaft für Holzwirtschaft und Energie GmbH aus Bad Wünnenberg
Das Verwaltungsgericht weist darauf hin, dass die Kommunen bei ihrer Abschätzung (Tabuzonen und Festlegung von Konzentrationszonen) auch Belange des Arten- und Umweltschutzes einzubeziehen haben, was bisher gern der Genehmigungsebene angetragen wurde
Für Nolte ein "echter Kracher" ist die Aussage des Verwaltungsgerichtes, dass bereits der alte, seit 1997 gültige Flächennutzungsplan der Windkraft substanziell ausreichend Raum gibt. Die Richter sehen damit die alte Ausweisung von Konzentrationszonen am Beispiel Meerhof (2001 größtes Windenergiegebiet im Binnenland Europas) heute noch als auskömmlich an.
"Auf dieser Grundlage wäre zu prüfen, zumindest aber öffentlich zu diskutieren, ob die Flächennutzungspläne der Kommunen im Südkreis Paderborn nicht viel zu weit über das Ziel des substanziellen Raumgebung hinausgeschossen sind und dieses wieder auf ein "Normalmaß" zurückzuführen wäre," so Nolte.
"Kein Plan ist in Beton gegossen"
Wörtlich fügt er hinzu: "Kein Plan ist in Beton gegossen und sollte nicht nur auf Druck von Investoren geändert werden".
Die eigentliche Frage zum Artenschutz wird vom Gericht gar nicht behandelt und erst Gegenstand des Hauptverfahrens sein. Dies setzt die Gegenseite zusätzlichen Problemen aus, da sie mögliche Fehler in der Bewertung der Artenschutzproblematik auf dieser Fläche nicht parallel anpacken und "ausmerzen" können. "Das dürfte für den Investor und auch für den Kreis eine sehr schwierige Nummer werden", mutmaßt Hubertus Nolte.
Für den Fürstenberger stellt sich dabei die Frage, wer nun Schuld an der Genehmigung der Anlagen außerhalb der gültigen Konzentrationszonen ist und damit schadensersatzpflichtig werden könnte. Neben den Baukosten dürfte es dabei auch um die Vergütung gehen. Sie wird nach Einschätzung der Bundesnetzagentur bereits im ersten Ausschreibungsverfahren 2017 um rund 25 Prozent sinken, was unterm Strich bei bei einer Laufzeit von 20 Jahren einen Verlust in zweistelliger Millionenhöhe bedeuten könnte - bleibt dieser Betrag eines Tages bei den Steuerzahlern hängen?
Für Hubertus Nolte ist das Urteil im Eilverfahren eine mehr als spannende Angelegenheit.
Veröffentlich im Westfälischen Volksblatt am 03.08.2016
Gericht verhängt
Baustopp
Himmelreich in Meerhof: Naturschützer haben Erfolg vor Gericht
Von
Hanne Hagelgans
Bad
Wünnenberg / Meerhof (WV). Elf geplante Windkraftanlagen in Meerhof dürfen
zunächst nicht weitergebaut werden. Der Naturschutzbund Deutschland (Nabu)
hatte mit einem Antrag vor dem Verwaltungsgericht Arnsberg Erfolg.
Die Anlagen, von denen einige bereits
fast fertig gebaut sind, befinden sich im Bereich Himmelreich und grenzen in
der Nähe von Gut Wohlbedacht an Bad Wünnenberger Stadtgebiet an. Michael
Flocke, Geschäftsführer der Windpark Himmelreich GmbH & Co. KG, hat bereits
angekündigt, vor dem Oberverwaltungsgericht Revision einzulegen.
Nachdem das Verwaltungsgericht seinem
Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes stattgegeben habe, dürften die
Anlagen vorläufig nicht weiter errichtet und betrieben werden, die Bauarbeiten
müssten eingestellt werden, teilte der Nabu gestern mit. Denn mit dem
Gerichtsbeschluss sei die aufschiebende Wirkung einer Klage gegen die
Genehmigung des Hochsauerlandkreises wieder hergestellt.
Grund für die Entscheidung des Gerichts
sei gewesen, dass sich die Windenergieanlagen außerhalb der im geltenden
Flächennutzungsplan der Stadt Marsberg festgelegten Konzentrationszonen
befänden, so der Nabu. »Auf die vielfältigen Mängel in arten- und
habitatschutzrechtlicher Hinsicht, die der Genehmigung des Hochsauerlandkreises
anhaften, mussten die Richter daher gar nicht eingehen«, erläutert
Nabu-Landesvorsitzender Josef Tumbrinck.
Wie Marsbergs Bürgermeister Klaus
Hülsenbeck erläutert, beruhe der jetztige Gerichtserfolg des Nabu auf einer
juristischen Formalie. Im zurzeit noch gültigen Flächennutzungsplan der Stadt
aus dem Jahr 1997 ist der Bereich Himmelreich nicht vorgesehen. Allerdings hat
die Stadt im November vergangenen Jahres einen neuen F-Plan beschlossen, in dem
das Gebiet enthalten ist. Dieser Plan allerdings liegt zurzeit noch zur
Genehmigung bei der Bezirksregierung Arnsberg und gilt formal darum noch nicht.
Das Vorgehen des Nabu sei beispielhaft,
so die Reaktion des »Aktionsbündnisses Artenschutz durch Erneuerbare«. Der Nabu
haben den Baustopp nicht aus Artenschutz-, sondern aus formaljuristischen
Gründen, erwirkt. »Damit zeigt der Nabu einmal mehr, dass er mit aller Macht
nur versucht, unliebsame Erneuerbaren-Projekte zu verhindern«, erklärt Daniel
Saage, der Sprecher des bundesweiten Aktionsbündnisses. Das habe beim Nabu
System: »Der Verband schwätzt global und verhindert lokal«, so Saage.
»Jahrelang haben angebliche Naturschützer die landwirtschaftlichen Flächen
Marsberg-Meerhof als irreparable Agrarsteppe bezeichnet. Jetzt, wo dort
Windräder entstehen, sollen dieselben Flächen plötzlich schützenswerte Biotope
sein?«, fragt sich Saage.
Nahe des Himmelreichs in Meerhof
befinden sich zwölf Windkraftanlagen auf Bad Wünnenberger Stadtgebiet. In der
Verwaltung lägen zurzeit keine Anträge auf Repowering für diese Anlagen oder
für Neubauten vor, hieß es auf WV-Anfrage. Nach wie vor wird der
Flächennutzungsplan der Stadt Bad Wünnenberg beklagt. Investoren möchten auch
außerhalb der Vorrangzonen bauen. Einen Termin für die Verhandlung vor dem
Oberverwaltungsgericht Münster gebe es bisher nicht, so Bürgermeister Christoph
Rüther. Er rechne nicht damit, dass es in diesem Jahr noch zur Verhandlung
komme.
Schön, da hat der NABU ja mal einen kleinen Erfolg eingefahren - Ende aber noch offen?
AntwortenLöschenIst doch klar, dass dies nur ein Etappensieg ist - in einigen Wochen wird weitergebaut, wetten!
Wer den Bericht am vergangen Montag bei ARD Exklusiv gesehen hat, weiß spätestens nun, wie der Hase läuft.
Machen wir uns nichts vor: die Politik wird schon seit langem am Gängelbändchen der Windlobbyisten durch den Ring geführt.
Ändern? Ja, möglich wärs schon. 2017 sind Wahlen. Endlich mal die wählen, die die einfachen Bürgerinnen und Bürger noch ernst nehmen und nicht nur für den Mammon und die Vermehrung desselben bei einigen Neureichen da ist.
Und wählbar sind dann nicht mehr die von der SPD und der CDU und die Neureichen von den GRÜNEN schon gar nicht mehr.
Wo war eigentlich der NABU, als hier in Lichtenau bis auf wenige Meter an die Milanhorste und Storchenhorste heran gebaut wurde?
Mich würde interessiern, welche Partei aus Ihrer Sicht "die einfachen Bürgerinnen und Bürger noch ernst nimmt"? Neben den von Ihnen genannten (und zugestanden mittlerweile tatsächlich unwählbar gewordenen) erkenne ich, außer ganz weit außen agierende und somit ebenfalls nicht in Frage kommenden Populisten, keine wirkliche Alternative...
LöschenLese erst jetzt Ihre Antwort auf meinen Kommentar: Tatsächlich ist es ein Malheur mit dem "was anderes wählen" aber: bitte nicht nach Rechts! Ich persönlich sehe gute Ansätze für eine Volkspartei bei den LINKEN! Sie tragen, so glaube ich, noch einen Rest "Soziales" in sich. Sie vertreten auf jeden Fall die "Schwächereren" im Staat - hat auch mal die SPD gemacht, ist aber lange her und kriegen die auch nicht wieder hin. Für`s "mitregieren dürfen" im Bund haben sie viele Merkmale, die die Partei einst auszeichnete, an die CDU verhökert. In Lichtenau haben sich die SPD´ler den Grünen hingegeben . . . Schade!
Löschen