Beängstigendes Politikverständnis
Ausgabe Westf. Volksblatt v. 15.06.2017 Seite 70 (Leserbriefe)
Für Bürger sind die Aussagen ein Schlag ins Gesicht
Ebenfalls zur Windkraft-Diskussion in Borchen:
Die Stimmung im Borchener Gemeinderat ist schon seit geraumer Zeit
bestenfalls als angespannt, wahrscheinlich sogar als vergiftet zu
bezeichnen. Dass sich all dies in und nach der letzten Ratssitzung
erneut entladen hat, überrascht nicht.
Wenn Bürgermeister Allerdissen nun von der Möglichkeit Gebrauch
macht, dem vom Rat gefassten Beschluss zu widersprechen, so ist dies
sein gutes Recht. Ob der Beschluss das »Wohl der Gemeinde« gefährdet,
hat er dabei selbst zu beurteilen. Davon abgesehen sollte ein erneuter
Beschluss des Rats auch im Interesse der CDU-Fraktion liegen; immerhin
kritisiert Sie in ihrer Stellungnahme ebenfalls die Art und Weise, in
der der Beschluss gefasst wurde.
Man kann inhaltlich zu den Fragen rund um Windkraft in Borchen und
auch zu etwaigen rechtlichen Fallstricken unterschiedlicher Meinung
sein. Jedoch ist die Stellungnahme der CDU, die von ihrem
Fraktionsvorsitzenden unterzeichnet wurde, an einer Stelle schockierend:
»Die Zuhörerschaft war mit Verlaub gesagt wohl fast als bestellt zu
bezeichnen.« Dieser Satz zeugt von einem beängstigenden
Demokratieverständnis, wie man es von dem gewählten Vertreter einer
Volkspartei nicht erwartet hätte. Er ist ein Schlag ins Gesicht jeder
politisch Interessierten der Gemeinde.
Dies gilt erst Recht für die vielen Engagierten, die die letzte
Ratssitzung vor Ort verfolgt haben. Es ist eine Sache, den politischen
Gegner sachlich (oder auch unsachlich) zu kritisieren – und in dieser
Hinsicht haben sich wahrscheinlich fast alle politischen Akteure in
Borchen in letzter Zeit nicht mit Ruhm bekleckert. Etwas ganz anderes
ist es jedoch, den in der Ratssitzung anwesenden Bürgerinnen und Bürgern
zu unterstellen, sie seien nur eine bestellte Zuhörerschaft, die zur
bloßen Stimmungsmache herangekarrt worden sei.
Diese Borchenerinnen und Borchener haben ihren Feierabend geopfert,
um die politischen Prozesse innerhalb ihrer Gemeinde zu verfolgen und
die von Ihnen gewählten Vertreterinnen und Vertreter zu kontrollieren.
(...) In Zeiten zunehmender Politikverdrossenheit ist solches
persönliches Erscheinen bei weitem keine Selbstverständlichkeit mehr.
Wenn aber der Fraktionsvorsitzende der CDU dies nun derart abfällig
kommentiert, spricht er der demokratischen Idee Hohn.
Christian Stemberg
Münster
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Angsthasen fehl am Platz
Auch zum Thema Windkraft in Borchen schreibt dieser ehemalige BBU-Ratsherr Anton Schäfers:
Drohungen, Säbelrasseln von Firmen und Personen, deren Vorstellungen
nicht stattgegeben wird, gab es schon immer. Ich hab mich weder als
Ratsmitglied noch als Fraktionsvorsitzender dadurch beeindrucken lassen.
Auch wenn ich gesagt hatte, ich wolle keine Anrufe zu dem Thema
haben, kamen diese immer wieder. Irgendwann hat Westfalenwind dann
aufgegeben.
Es ist verständlich, dass die, die mit Windkraft Geld verdienen, mit
allen Möglichkeiten ihre Interessen durchsetzen wollen. Menschen oder
Umwelt interessieren diese Firmen nicht.
Ratsmitglieder, die Angst haben, sollten sich eine andere
Beschäftigung suchen. In den Rat gehören Bürger, die sich durchsetzen
können, sich nicht durch Säbelrasseln beeindrucken lassen.
Schönwetterathleten suchen sich besser eine andere Beschäftigung.
Anton Schäfers
Borchen
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Wem soll ich noch vertrauen?
Zur Diskussion in Borchen
Zur Ratssitzung zum Thema Windkraft (Bericht am 8. Juni), die am Montag wiederholt werden muss, schreibt dieser Leser:
Ich war Besucher der Ratssitzung am 7. Juni zum Thema »CDU-Antrag für
Rücknahme der Klagen gegen Windkraftanlagen in Borchen«. Wie viele
Bürger bin ich erschüttert über CDU, Grüne und FWB. Dieser Abend ist
der absolute Tiefpunkt der Borchener Politik.
Unser Gemeinderat und seine getroffenen Entscheidungen sind für die
Profitgier anderer missbraucht worden. Er hat in den Reihen der CDU,
Grünen und der FWB alle Glaubwürdigkeit irreparabel verspielt. Nie
zuvor in den 70 Jahren, die ich in Borchen lebe, habe ich eine solch
schlechte und unfähige Vorstellung der CDU und Grünen (plus ein
FWB-Mitglied) gesehen.
Die unsachliche Arbeit und total fehlende Vorbereitung beider
Fraktionen war ein Trauerspiel und schadet dem Ansehen von Politikern.
Wer soll noch Politikern vertrauen, die einfach nichts vortragen können,
keine einzige Frage beantworten können und sich nur rausreden? Und das
bei einer solch großen Tragweite der Entscheidung. Niemals habe ich
solch abstruse und verwirrende Beiträge wahrgenommen, die ja anscheinend
auch noch fast alle sachlich falsch waren.
Alle Ratsvertreter und Parteien sind von uns Bürgern gewählt worden,
weil sie für uns arbeiten sollen, nicht für Westfalenwind oder den
Kreis Paderborn. Und wir Wähler setzen voraus, dass Politiker diese
Arbeit auch fachlich und persönlich können beziehungsweise sich
fachlich unterstützen lassen. Anscheinend ist aber unser Gemeinderat
durch CDU und Grüne einfach falsch besetzt.
Wie soll ich Politikern vertrauen, die ihre Meinung innerhalb von ein
paar Wochen wechseln, weil sie dem Druck und den Drohungen von außen
nicht mehr Stand halten? (...) Alle Besucher auf den Rängen haben es ja
lautstark kundgetan: CDU und Grüne (...) knicken vor den Forderungen
der Wirtschaft und des Kreises Paderborn sofort ein.
Der CDU-Fraktionsvorsitzende und die CDU-Fraktion sind nicht mal in
der Lage, auch nur eine Frage zu ihrem Antrag zu beantworten. Aus den
restlichen Reihen kommt nur unverständliches Gerede, was wir als Bürger
eh nicht verstehen sollen. Grüne entwickeln Anträge, die mir vor Lachen
und Weinen die Tränen in die Augen treiben. Wie kann man als
Volksvertreter nur so absurde und völlig unrealistische Ideen öffentlich
vortragen?
Bitte setzt euch mal in einer ruhigen Minute hin und denkt nach, was
ihr den Bürgern antut. (...) Letztlich entscheidet man über uns, unsere
Zukunft und verkauft dabei seine Glaubwürdigkeit, seine Unabhängigkeit
und auch seinen letzten Respekt. Ich habe nie geglaubt, dass solche
skrupellosen Methoden zwischen Wirtschaft und Politik in unserer
Gemeinde passieren könnten (...).
Ja, Politiker sind nicht mehr eigenständig, unabhängig und
entscheiden nicht nach Wissen und Gewissen. Sie sind manipulierbar und
abhängig geworden. Wem soll ich noch vertrauen?
Johannes Conrad
Nordborchen