Wenn ein Windrad, laut Herrn Köhler, einer Windhose nicht standhält, darf es besonders in Straßennähe nicht gebaut werden.
Westfälischen Volksblatt Ausgabe vom 27.06.2016
»Als Kommune machtlos«
Debatte im Lichtenauer
Bauausschuss über Sicherheit von Windrädern
Lichtenau(per).
Die havarierte Windkraftanlage bei Dörenhagen hat in Lichtenau eine Debatte
über die grundsätzliche Sicherheit von Windrädern ausgelöst. Dies auch vor dem
Hintergrund, dass die Stadt Genehmigungen für weiter 79 Anlagen erteilt hat.
Den Stein
ins Rollen brachte in der jüngsten Sitzung des Bau- und Planungsausschusses
Günter Steins von der SPD: »Anlagen, die nur 80 Meter von der B68 entfernt
stehen, sind ein hohes Risiko. Wir erleben immer wieder, dass es zu
unvorsehbaren Situation kommt«, sagte er und nannte als Beispiel eine
Autofahrerin, deren Wagen im Frühjahr auf der Bundesstraße beinahe von einem
Stück Eis getroffen worden war, das sich vom Rotor einer Windkraftanlage gelöst
hatte. »Es sollte bei künftigen Anlagen darauf geachtet werden, dass diese
nicht so dicht an Bundes- und Landstraßen gebaut werden. Ich will kein
Schreckensszenario an die Wand werfen, aber es muss nicht erst ein voll
besetzter Schulbus von einem Flügel getroffen werden, ehe was passiert«, sagte
Steins und nahm Bezug auf das im Mai bei einem Unwetter teilweise zerstörte
Windrad bei Dörenhagen, dessen Trümmerteile bis zu 200 Meter weit geschleudert
wurden.
Eine Debatte
um die Standorte sei indes gar nicht notwendig, sagte Ausschussvorsitzender
Ewald Reichstein (SPD). Denn angesichts von 79 bereits genehmigten neuen
Anlagen sei die Kapazität in den Windvorratszonen auf Lichtenauer Gebiet
ausgeschöpft. Diese Zahl stieß aus Reihen der SPD auf Kritik. Dort habe man den
Begriff Repowering bislang so verstanden, dass mehrere kleine Anlagen durch
eine größere ersetzt würden. Stattdessen würde es zu einer Verdichtung kommen.
Franz-Josef Manegold aus der Bauverwaltung sagte, dass der Begriff Repowering
noch aus einer Zeit stamme, als es eine höhere Förderung für den Rückbau alter
Anlagen gab. »Durch den Wegfall der Vergütung ist der Anreiz,
leistungsschwächere Anlagen zu ersetzen, in der Form nicht mehr gegeben.« So
lägen denn auch der Verwaltung derzeit keine Anträge über den Abriss alter
Anlagen vor. Diese Entwicklung bereitet einigen SPD-Mitgliedern Sorge, denn
dies bedeute, dass die Anlagen länger am Netz blieben und das Risiko, dass es
zu altersbedingten Schäden komme, steige.
Ein weiterer
Vorfall in Neuenbeken – dort hatte sich im Januar die tonnenschwere Gondel an
einem Windrad gelöst und war zu Boden gestürzt – sei für Walter Kurte (FDP)
Indiz, dass Windkraftanlagen intensiver gewartet werden sollten. »Mit dem Auto
muss man schließlich auch regelmäßig zum TÜV.« Seiner Meinung nach sei es »ein
Witz«, dass zugelassen würde, dass Windräder so dicht an Straßen gebaut werden
dürften.
Heinz Köhler
(CDU) relativierte das Risiko, durch Eiswurf oder Trümmerteile zu Schaden zu
kommen. »Gegen eine Windhose ist keine Windkraftanlage gefeit. Es sind auch
schon Kreuze von Kirchen gefallen. Wir müssen einfach damit leben, dass es
Dinge gibt, die man nicht absichern kann.«
Auch
Bürgermeister Josef Hartmann gestand ein, dass ihm die Nähe der Anlagen zu Bundes-
und Landstraßen »ein gewisses Unbehagen« bereite. »Das ist aber eine
Entscheidung des Gesetzgebers und des Kreises Paderborn als
Genehmigungsbehörde. Als Kommune sind wir da machtlos.«